"Nie wieder Krieg" Gedenken an 65 Jahre Kriegsende 08.05.2010
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"Wer vor der Vergangenheit die Augen verschließt, wird blind für die Gegenwart." Dieses Zitat aus der berühmten Rede des Altbundespräsidenten Richard von Weizsäcker anlässlich des 40. Jahrestages des Kriegsendes gab der SPD-Bürgerschaft den Anlass, am 65. Jahrstages des Kriegsendes am Samstag, 8. Mai 2010, der Opfer des Krieges und der Gewaltherrschaft zu gedenken.
Kirchehrenbacher Bürgerinnen und Bürger, die die Nazi-Zeit und den Krieg als Schulkinder, als Jugendliche, als Heimatvertriebene, als junge Soldaten und als Gefangene erlebt hatten, berichteten im Pfarrheim über ihre erschütternden Erlebnisse in den Jahren um 1945. Da erinnerte sich Konrad noch genau an die Ankunft der Amerikaner im Dorf am 15. April 45 und an das Verhalten des damaligen Pfarrers Martin, der weiteres Blutvergießen verhindern wollte. Er schilderte den Tod zweier Wehrmachtssoldaten, welche die anrückenden amerikanischen Truppen mit Panzerfäusten aufhalten wollten. Marie machte die Angst vor den nahenden Amis deutlich, das Zusammenrücken der Nachbarn, aber auch die Hilfe der US-Soldaten für einen verwundeten Deutschen und ihr meist faires Verhalten gegenüber den Dorfbewohnern. Vom Versteck im Kartoffelkeller erzählte Marga, als Frauen und Kinder zitternd vor Angst die Amis erwarteten und eine immer noch glühende Hitler-Verehrerin den Ausspruch tat: "Wenn das unser Führer wüsste!" Rösl erinnerte sich an die Verzweiflung ihres Vaters, der in Todesangst schwebte, weil der Kirchehrenbacher Volkssturmführer noch einen Tag vor der Ankunft der Amis seine Bestrafung forderte, weil er geäußert hatte, dass er unverzüglich die weiße Fahne hissen wolle, also sich ergeben wolle, sobald die Amis einträfen. Schauerlich auch die Erzählung von Theo, wie sein 10-jähriger Freund Alexander von mit Waffen spielenden Kindern erschossen wurde, als der Krieg gerade zu Ende war.Verhielten sich die Amis in Kirchehrenbach verhältnismäßig milde, so erlebte Hanne als junge sudetendeutsche Frau das Ausgeliefertsein an die siegenden Russen und Tschechen, die kein Erbarmen kannten, die Zwangsarbeit, die Vertreibung aus der Heimat, die wochenlange Fahrt zusammengepfercht in Waggons nach dem Westen, den Tod ihres kleinen Kindes, und endlich das Wiederfinden der zerstreuten Familie in unserem Dorf, das ganz allmählich und glücklicherweise zu ihrer zweiten Heimat werden konnte. Fast atemlos schilderte Seppl seine Zeit als 17-Jähriger beim Reichsarbeitsdienst nahe der Wolfsschanze in Ostpreußen ("Schlimmer als bei der Wehrmacht!"), seinen grauenhaften Kriegseinsatz in Südfrankreich ("Wir haben unsere Hände in die Erde gekrallt vor Angst, haben uns über Hunderte von toten Soldaten vorwärts gekämpft!"), seine Gefangennahme durch die Amerikaner und seine Irrfahrt per Schiff und Bahn nach Algerien, weiter über den Atlantik nach New York, nach Mississippi, schließlich zurück nach Frankreich und dann über Würzburg und Bamberg als Schwarzfahrer nach Hause, wo er erfahren musste, dass mittlerweile seine Mutter gestorben war, er aber nur derart verlotterte Kleider am Leib hatte, dass er sich nicht an ihr Grab traute.
Auch der Heiner erzählte , wie er bereits als 16-Jähriger eingezogen wurde, bald in französische Kriegsgefangenschaft kam und endlich nach fast zwei Jahren, in denen er keinerlei Kontakt zu seinen Angehörigen hatte, wieder nach Hause gelangte. Und schließlich berichtete Konrad - damals noch keine 20 Jahre alt - von seinem Kriegseinsatz auf dem Balkan, vor allem in Albanien, als sich die russische Front immer weiter nach dem Westen vorschob, als Verwundung und Todesangst für ihn an der Tagesordnung waren.
Wir danken den Zeitzeugen sehr für ihre Erinnerungsberichte und wollen dem Appell Richard von Weizsäckers folgen:
"...Ehren wir die Freiheit. Arbeiten wir für den Frieden. Halten wir uns an das Recht. ... Schauen wir der Wahrheit ins Auge."